Die Phytotherapie ist fester Bestandteil der heutigen medizinischen Praxis. Sie kann für die gängigsten Beschwerden eine Alternative zur allopathischen Behandlung darstellen und diese auch in vielen Situationen ergänzen, indem sie deren Verträglichkeit oder Wirksamkeit verbessert.
Die alltäglichen Beschwerden
Schlafstörungen
Die Phytotherapie wird häufig als Erstbehandlung bei Schlafstörungen eingesetzt.
Schlaflosigkeit gehört zu den geläufigen Beschwerden und betrifft 9 bis15 % der weltweiten Allgemeinbevölkerung. Die Primärbehandlung von Schlafproblemen besteht oft in der Verabreichung hypnotischer Medikamente.
Die Nebenwirkungen dieser Behandlungsmethode sind allgemein bekannt: Gedächtnis- und Verhaltensstörungen, erhöhtes Sturzrisiko bei älteren Personen und Tendenz zur Gewöhnung, welche die Einnahme erhöhter Dosen erfordert, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen und die schliesslich zu Abhängigkeit führt.
* Enquête INPES 2010 : http://inpes.santepubliquefrance.fr/Barometres/barometre-sante-2010/pdf/prevalence-insomnie.pdf
** ANSM, Etat des lieux de la consommation des benzodiazépines en France, janvier 2012.
ORL- oder Atemwegs-Erkrankungen
Bei den gängigsten ORL- oder Atemwegs-Erkrankungen wie Angina, Schnupfen oder Bronchitis stellen die Pflanzen auch eine Erstbehandlung dar, welche die Symptome lindern und bakterielle Superinfektionen begrenzen kann.
In diesem Kontext ist der Sonnenhut unabkömmlich. Zusätzlich zu seinen gut belegten antiviralen und antibakteriellen Eigenschaften verfügt er über eine immunomodulatorische Wirkung, die von vielen Studien bestätigt wurde. Die Zypresse und der Holunder besitzen ebenfalls eine starke entzündungshemmende und antivirale Wirkung, weshalb sie bei den winterlichen Infektionen eingesetzt werden. Die antiseptische und schleimlösende Waldkiefer gilt als das wichtigste Heilmittel bei Atemwegserkrankungen mit produktivem Husten. Was den Wegerich betrifft, sind seine entzündungshemmenden und hustenstillenden Eigenschaften bei Atemwegserkrankungen schon seit langem erwiesen.
Verdauungsstörungen
Bei Verdauungsstörungen verbessern manche Pflanzen wie die Artischocke, der Winterrettich, der Erdrauch, die Melisse oder auch der Löwenzahn die Verdauungssekretionen und die Magenmotorik. Die Artischocke und der Winterrettich werden seit der Antike zur verbesserten Verdauung verwendet, denn sie enthalten Wirkstoffe, die die Gallensekretion modulieren und eine wichtige Rolle bei der Leberentgiftung spielen. Dank der durch viele Studien belegten beruhigenden und krampflösenden Wirkung der Melisse, wird diese Pflanze seit sehr langer Zeit bei Bauchschmerzen und -krämpfen eingesetzt, insbesondere wenn diese stressbedingt sind.
Akute oder chronische Schmerzen
Zur Linderung von akuten oder chronischen Schmerzen und um den Einsatz von konventionellen Entzündungshemmern zu begrenzen, kann man Weide, Mädesüss oder auch Harpagophytum, Braunwurz, Curcuma bzw. schwarze Johannisbeerblätter verwenden. Weide und Mädesüss enthalten Salicylderivate, d. h. Vorstufen des Aspirin. Die entzündungshemmenden und gelenkschützenden Blätter der schwarzen Johannisbeere wurden schon ab dem 16. Jh. als Heilpflanze beschrieben. Curcuma wird in Asien seit Jahrtausenden wegen seiner entzündungshemmenden und antioxydativen Wirkungen als Heilmittel angewandt. Harpagophytum, das Harpagoside mit entzündungshemmender und schmerzstillender Wirkung beinhaltet, wird bei akuten oder chronischen Entzündungszuständen der Gelenk- und Knochenbeschwerden eingesetzt.
In Kombination mit der allopathischen Behandlung
Die Pflanzen werden häufig als Begleitmassnahme zu einer klassischen Behandlung eingesetzt: Zum Beispiel in Kombination mit Schlafmitteln, um die Dosis zu senken und den Entzug zu erleichtern, oder als Ergänzung bei der Behandlung von Depressionen, um die Wirksamkeit zu erhöhen oder um die Dosis zu reduzieren.
Vorbeugend können Pflanzen Rückfälle bei Magen-Darm-Geschwüren begrenzen, wie beispielsweise Süssholz, das die Magensekretionen drosselt und Polysaccharide enthält, die die Haftung von Helicobacter pylori an die Magenwand hemmen.
Die Moosbeere wird auch von den Gesundheitsfachleuten bei der Vorbeugung von Zystitisrückfällen verwendet und empfohlen.
Quellen:
- Jacques Fleurantin (2013) Du bon usage des plantes qui soignent. Editions Ouest-France.
- Eric Lorrain (2019) Grand Manuel de phytothérapie. Editions Dunod.
- Jean-Pierre Théallet (2016) Le guide familial des plantes qui soignent. Editions Albin Michel.
- Documentation de l’Institut Européen des Substances Végétales : « Les plantes médicinales 2016-2017 ».
- « Cystite aiguë simple, à risque de complication ou récidivante, de la femme » HAS 2016.